Von Frauen geführte Unternehmen sind unterfinanziert, doch hat dies tatsächlich mit dem Geschlecht zu tun? Vertreter von Fonds aus drei Ländern teilten dazu ihre Ansichten bei den Luxembourg Venture Days.
„Nur etwa 2 % der Finanzierung durch Venture Capital (VC) geht an Start-ups unter weiblicher Leitung, obwohl diese im Vergleich zu männlich geführten Start-ups eine doppelt so hohe Rendite erzielen,“ sagte Inna Perepelytsya, Senior Advisor Start up Acceleration bei Luxinnovation und Moderatorin des Panels, über den Wert von Investitionen in Start-ups unter weiblicher Leitung bei den Luxembourg Venture Days vom 16. bis 17. Oktober.
Die Gründe hinter diesen Zahlen, die Grundlagen von Investitionsentscheidungen und ob das Geschlecht dabei eine Rolle spielt, sind weniger bekannt. Victoire Laurenty, Principal der Wendel Group in Paris, Jerome Wittamer, Managing Partner bei Expon Capital in Luxemburg, und Verica Poposka, Senior Associate bei Accelerace in Kopenhagen, erläuterten auf Grundlage von „realen Fällen“ aus ihrem Portfolio, welche Erfahrungen sie mit Start-ups unter weiblicher Leitung gemacht haben.
„Ungefähr 30 % der Start-ups, die Accelerace und seine unterstützten Programme fördern, werden von Frauen geführt. Wir haben allerdings keine spezifischen Kriterien für Start-ups unter weiblicher Leitung, aus einem einfachen Grund: Venture Capital basiert auf der Rendite… für uns stehen Leistung und Markt im Vordergrund, das Geschlecht spielt dabei weniger eine Rolle,“ so Verica Poposka von Accelerace.
Accelerace, ein in Dänemark ansässiger Pre-Seed-Investor, ist seit 2008 aktiv und hat Unternehmen wie die Bewertungsplattform Trustpilot und die Dokumentengenerierungslösung Templafy im Portfolio. Ein Beispiel für ein Start-up unter weiblicher Leitung ist die Self-Service-Platform DreamPlan, die eine ganzheitliche Finanzplanung für Privatkunden anbietet.
Für uns stehen Leistung und Markt im Vordergrund, das Geschlecht spielt dabei weniger eine Rolle.
Verica Poposka, Accelerace
Ein weiteres Beispiel ist HelloBetter, Pionier in der digitalen psychischen Gesundheitsforschung und Teil des Portfolios von Expon Capital. „Wir haben investiert, weil sie über ein breites Spektrum therapeutischer Lösungen verfügen, die durch rund 34 klinische Studien gestützt sind – weltweit die höchste Anzahl. Ich denke, es ist auch eines der erfolgreichsten Unternehmen in unserem Scale-up-Portfolio,“ erläutert Herr Wittamer. „Wir waren einfach beeindruckt von der Qualität der Forschung – das Geschlecht kam in unseren Diskussionen nie zur Sprache.“
Bias existiert in verschiedenen Kontexten und spielt auch im Investitionsumfeld eine Rolle. „GPs (General Partners – Fondsmanager) tendieren dazu, Erfolge zu wiederholen, die sie bereits gesehen haben,“ erklärt Frau Laurenty. „Man sieht, was funktioniert und was nicht, und neigt dazu, erfolgreiche Muster zu wiederholen. Derzeit sind das oft Männer mit starkem Fokus auf Umsetzung, weniger Forschende und selten Frauen. Es gibt einen deutlichen Bias von GPs – nicht, weil sie Frauen ablehnen, sondern weil sie das Erfolgreiche replizieren wollen. Das bessert sich jedoch, und je mehr Frauen in Führungspositionen kommen, desto schneller wird sich dieser Wandel vollziehen.“
Ich genieße die Gespräche mit Gründerinnen besonders wegen ihrer Offenheit.
Jerome Wittamer, Expon Capital
Interessanterweise hat sich in den letzten Jahren jedoch ein positiver Bias gegenüber Start-ups unter weiblicher Leitung entwickelt, der Frauen zugutekommen könnte. „Ein Beispiel: In Dänemark haben wir einen Dachfonds, der als LP (Limited Partner – vorwiegend Investoren) in die meisten VCs investiert und Diversität im Portfolio fordert. Sie haben angekündigt, in kein VC zu investieren, der keine weibliche Partnerin an Bord hat… dies fördert Programme in diesem Sinne und schafft mehr Zugang zu solchen Mitteln,“ erklärt Frau Poposka.
Herr Wittamer hebt einen kognitiven Bias bei Investor*innen hervor, bei dem erste Eindrücke tiefere Bewertungen überschatten können. Er rät VCs, besonders in Pitches die oft selbstbewussteren Auftritte männlicher Gründer zu hinterfragen und die Stärken von Gründerinnen anzuerkennen. „Ich genieße die Gespräche mit Gründerinnen besonders wegen ihrer Offenheit,“ sagt er.
Im Verlauf des Panels wurden verschiedene Ideen zu Strategien und Maßnahmen geteilt, die die Repräsentation von Frauen stärken und das Investitionsnarrativ allmählich ändern könnten. Gesellschaft, Investoren und Frauen selbst können aktiv dazu beitragen.
Hier einige Schlüsselstrategien der Panelteilnehmer: