Waagner-Biro Luxembourg Stage Systems hat die Grenzen der Bühnentechnologie und -automatisierung mit seiner einzigartigen computergestützten Theaterlösung kontinuierlich erweitert. Die Zusammenarbeit mit der Softwarefirma Kreios ermöglichte einen bedeutenden Entwicklungssprung.
Vor etwa 30 Jahren war die Bühnentechnik kaum automatisiert. Es gab keine Computer, nur wenige Motoren und die meisten Übergänge, vor allem wenn der Vorhang geschlossen war, wurden manuell mit Seilen ausgeführt. Als Bühnenbilder jedoch schwerer wurden und schnellere, präzisere Bewegungen erforderlich waren, setzte sich motorisierte Ausrüstung durch. Bald folgte der Einsatz von Computern zur Steuerung komplexerer szenischer Bewegungen, die eine sorgfältige Koordination erforderten.
Waagner Biro Luxembourg Stage Systems, Teil der österreichischen Unternehmensgruppe, ist auf die Entwicklung sicherer Steuerungssysteme für Bühnenmaschinerie spezialisiert. Seine computergestützten Theaterlösungen (C⋅A⋅T) setzen seitdem weltweit neue Standards für Opernhäuser, Theater und Konzerthallen, darunter das Sydney Opera House, die Wiener Staatsoper, das Grand Théâtre und die Philharmonie in Luxemburg.
„1989 erhielten wir unseren ersten Theaterauftrag“, erinnert sich Jean-Marie Schiltz, CEO von Waagner-Biro Luxembourg Stage Systems. „Wir waren von Anfang an dabei, als Computer auf der Bühne eingeführt wurden, und haben diese Chance genutzt.“
Wir wollten ein System entwickeln, das so einfach zu bedienen ist wie ein iPhone, und suchten einen Partner, der uns neue Techniken bringen konnte.
Jean-Marie Schiltz, Waagner-Biro Luxembourg Stage Systems
Ein wichtiger Schritt war die Zusammenarbeit mit dem in Sandweiler ansässigen Softwareentwicklungsunternehmen Kreios. Kreios ist seit mehr als zwei Jahrzehnten im Geschäft und auf die Entwicklung technologischer Lösungen spezialisiert, mit denen Kunden neue Innovationen nutzen und sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen können.
Durch die Verbindung moderner Softwareentwicklungskompetenz und fortschrittlicher Maschinenbau-Expertise führte die Partnerschaft zur Entwicklung der fünften Generation des C⋅A⋅T-Steuerungssystems. Diese Kooperation war von der Vision getragen, eine Lösung zu schaffen, die so intuitiv und benutzerfreundlich ist wie ein Smartphone und dabei höchste Sicherheitsstandards erfüllt.
Die Entwicklung des C⋅A⋅T V5-Systems begann mit dem Bedürfnis nach Modernisierung. „2010 fragten unsere Kunden nach einer Software mit modernerer Optik und Benutzerführung“, erklärt Herr Schiltz. „Wir wollten ein System entwickeln, das so einfach zu bedienen ist wie ein iPhone, und suchten einen Partner, der uns neue Techniken bringen konnte.“
Nachdem ein gemeinsamer Kontakt die beiden Unternehmen einander vorgestellt hatte, begann eine langfristige Partnerschaft. „Anfangs konzentrierte sich die Zusammenarbeit auf Test-Driven Development, später arbeiteten wir dann tiefer im Projekt mit, bis hin zur Architekturentwicklung,“ erklärt Christian Hillerkus, Managing Partner bei Kreios. „Mit der Zeit stellten wir fest, dass wir gut zusammenarbeiten. Schließlich entwickelten die Kollegen von Waagner-Biro und ich die neue Systemarchitektur für das heutige C⋅A⋅T V5.“
Das 2016 entwickelte und 2018 in Betrieb genommene C⋅A⋅T V5-System führte mehrere innovative Funktionen ein, die es von bisherigen Lösungen abheben. „Alle anderen Systeme hatten damals eine resistive Touch-Oberfläche, die nur bei starkem Druck einen Finger erkennen konnte. Wir waren eines der ersten Unternehmen, das eine 10-Finger-Multitouch-Steuerkonsole und eine integrierte 3D-Simulatorbühne einführte,“ berichtet Herr Hillerkus. Diese Neuerungen verbesserten die User Experience (UX) erheblich, da Benutzer Bewegungsabläufe mit bisher unerreichter Präzision und Flexibilität programmieren und steuern konnten. Die Steuerkonsolen können zudem nach individuellen Anforderungen gebaut werden und verleihen dem System damit eine einzigartige Anpassungsfähigkeit.
Wir waren eines der ersten Unternehmen mit einer 10-Finger-Multitouch-Steuerkonsole und einer integrierten 3D-Simulatorbühne.
Christian Hillerkus, Kreios
Durch den Kontakt zur nationalen Innovationsagentur Luxinnovation wurde das Unternehmen auch auf die Bedeutung von Design in seinen Innovationsprozessen aufmerksam gemacht, sodass sich die Lösung nun auch optisch von anderen Systemen abhebt.
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies das erste Bühnensteuerungssystem ist, das von einem Designer entworfen wurde. Wenn man sich die damaligen Anwendungen ansah, und teilweise auch heute, waren diese von Ingenieuren gebaut. Aber die Menschen, die solche Maschinen bedienen, sind keine Ingenieure. Waagner-Biro konnte UX und Design zusammenführen,“ betont Herr Hillerkus.
Über die fortschrittlichen Funktionen hinaus konzentrierte sich die Zusammenarbeit auch auf strenge Sicherheitsstandards. „Waagner-Biro ist immer führend in puncto Sicherheit gewesen, das liegt in unserem Denken,“ unterstreicht Herr Schiltz. „Wir haben ein Zwei-Kanal-System, bei dem zwei Computer gleichzeitig die Bremsen öffnen müssen, damit die Motoren sich bewegen können,“ erläutert er als Beispiel. Dieser duale Ansatz stellt sicher, dass mögliche Fehler abgefedert werden. Die hohen Anforderungen machen Projekte im Theaterbereich einzigartig.
Laut Herrn Hillerkus erfordert die Arbeit an Bühnenprojekten eine andere Herangehensweise als in der Finanzbranche, wo Fehler über die Zeit behoben werden können. Ein Versagen während einer Live-Performance könnte dagegen zu Verletzungen oder sogar zum Verlust von Menschenleben führen. Dies erfordert einen anderen Ansatz bei der Systemgestaltung und -wartung, bei dem Zuverlässigkeit und Problemlösung in Echtzeit im Vordergrund stehen.
Beide Unternehmen setzen sich weiterhin für Innovation und Weiterentwicklung ein und erforschen neue Technologien und Strategien zur weiteren Optimierung der Bühnenautomatisierung. „Das Projekt ist jetzt stabil, und Waagner-Biro investiert kontinuierlich in seine Weiterentwicklung. Auch von unserer Seite arbeiten weiterhin Menschen gemeinsam mit ihnen daran,“ bemerkt Herr Hillerkus.
Rückblickend resümiert er: „Das C⋅A⋅T V5 ist wahrscheinlich eines der herausforderndsten Projekte, an denen ich je in meiner beruflichen Laufbahn gearbeitet habe, aber auch eines der interessantesten, da wir auf vielen Ebenen die Grenzen des Machbaren verschoben haben.“
Bildnachweis: Ann Sophie Lindström